Samstag, 7. April 2018

Antonio Socci: Ist Benedikt XVI der letzte Papst?

Antonio Socci kommt heute noch einmal auf einen Artikel zurück, den er im September 2016 zur Frageder Institution eines "Papa emeritus" geschrieben hat. Er tut das nachdem er die Prophezeiung des Malachias studiert hat und ihre Hinweise auf die Gegenwart der katholischen Kirche  (klicken), über die er gestern einen Artikel unter dem Titel " Eine überraschende Entdeckung in der alten Prophezeiung des Malachias über die Päpste. Er spricht von unserer Zeit und nennt Namen."

Hier geht´s zum heutigen Original:  klicken

"IST BENEDIKT XVI DER LETZTE PAPST? "ALLES KANN SEIN" ANTWORTET ER. WAS ICH IHNEN NICHT ÜBER DAS BUCH RATZINGERS GESAGT HABE."
Nach dem was ich Ihnen gestern bezüglich meiner Entdeckung in der "Prophezeiung des Malachias" gesagt habe, wird das, was ich in diesem Artikel vom 10 September 2016 schrieb, wieder hochaktuell.

Aber wer ist heute der Papst und wieviele gibt es genau? Die Verwirrung regiert absolut und das Erscheinen des Interview-Buches "Letzte Gespräche" vermehrt-anstatt sie zu zerstreuen- die Zweifel.
Ich beginne mit dem merkwürdigsten Detail.

Peter Seewald fragt Benedikt XVI: "Sie kennen die Prophezeiung des Malachias, der im Mittelalter eine Liste der zukünftigen Päpste erstellte und auch das Ende der Welt oder zumindest der Kirche vorhersah. Nach dieser Liste endet das Papstamt mit Ihrem Pontifikat und Sie wären effektiv der Letzte, der die Figur des Papstes repräsentiert, wie wir sie bisher kannten?"
Ratzingers  Antwort ist überraschend: "Alles kann sein" und dann fügt er direkt hinzu: "Wahrscheinlich ist diese Prophezeiung in den Kreisen um Filippo Neri entstanden (er nennt es Prophezeiung und schreibt sie einem großen und mystischen Heiligen der Kirche zu). Er schließt mit einem schnellen Scherz, aber das war seine Antwort.




DER BRUCH
Denkt Benedikt XVI also, daß er der letzte Papst war (vor dem Ende der Welt oder dem Ende der Kirche)? Wahrscheinlich nicht. Denkt er dann also - zumindest nach der Version des Interviewers - daß er der letzte Papst ist, der das Papsttum ausgeübt hat, wie wir es seit 2000 Jahren gekannt haben? Wahrscheinlich ja.

Und auch diese zweite Möglichkeit läßt einen zusammenzucken, weil wir wissen, daß das Papsttum - als göttliche Institution - für die Kirche nicht durch menschlichen Willen verändert werden kann.
Was ändert sich also? Ist es eine Ruptur der ununterbrochenen Tradition der Kirche?
Eine andere Aussage im Buch führt in diese Richtung.  "Sehen Sie sich als letzten Papst der Alten Welt" fragt Seewald "oder als ersten der Neuen? " Antwort: "Ich würde sagen beides."
Was will er damit sagen?
Was bedeutet "alt" und "neu", vor allem bei einem wie Benedikt XVI, der immer die Interpretation  des Konzils als "Ruptur" der Tradition bekämpft und immer die Notwendigkeit der Kontinuität, ohne Zäsur in der Kirchengeschichte betont hat?
Auf Seite 31 bekräftigt Seewald (und der Text ist von Benedikt XVI revidiert und authentifiziert worden), daß Ratzinger eine "revolutionäre Tat" vollzogen habe, die "das Papsttum verändert hat wie kein anderer Papst der modernen Zeit".
Hat diese These, die sich offensichtlich auf die Institution des "Papa emeritus" bezieht, eine Verbindung zu den Dingen, die Ratzinger in diesem Buch sagt? Ja, auf Seite 39.

DAS GELBE
Bevor wir aber wiederholen, was Papst Benedikt hier sagt, muß ich daran erinnern, daß es die Figur eines "emeritierten Papstes" in der Kirchengeschichte nie gegeben hat und die Kirchenrechtler immer behauptet haben, daß es die nicht geben kann, weil das Papsttum kein Sakrament ist, wie z.B. die Bischofsweihe, und daß alle die, die in 2000 Jahren auf das Papstamt verzichtet haben, in ihren vorherigen Status zurückgekehrt sind, während z.B. die Bischöfe Bischöfe blieben, auch wenn sie nicht mehr die Jurisdiktion über eine Diözese hatten.
Nichtsdestotrotz hat Benedikt XVI in den letzten Tagen seines Pontifikates - indem er allem widersprach, was die Kirchenrechtler sagten - angekündigt, daß er genau das - "papa emeritus" werde.
Er hat das theologische Profil nicht erklärt, aber in seiner letzten Rede gesagt: "Es ist meine Entscheidung auf die aktive Ausübung des Amtes zu verzichten, das widerrufe ich nicht."
Benedetto hat diese Worte mit der Entscheidung begleitet, im Vatican zu bleiben, sich weiterhin mit der weißen Soutane und dem weißen Pileolus zu bekleiden, das päpstliche Wappen mit den Schlüsseln Petri zu behalten und den Titel "Seine Heiligkeit Benedikt XVI".
Das war genug, um sich zu fragen, was passiert wäre, wenn er das Papsttum wirklich verlassen hätte.
Das ist es, was ich in diesen Zeilen tue, auch weil in der Zwischenzeit der Kirchenrechtler Stefano Violi die "Verzichtserklärung" studiert hat und zu folgendem Schluß gekommen ist: "(Benedikt XVI) hat erklärt, auf das Amt zu verzichten. Nicht auf das Papsttum, nach der Norm von Bonifaz VIII; nicht auf das munus nach Kanon 332 §2 , sondern auf das ministerium - oder wie er bei seiner letzten Audienz präzisierte, auf "die aktive Ausübung des Amtes´." 

In der Folge auf meinen Artikel hat der Vaticanist Andrea Tornielli, der Papst Franziskus sehr nahe steht, im Februar 2014 Benedikt XVI gefragt, warum er papa emeritus geblieben sei und die einzige Antwort darauf war: "Das Beibehalten des weißen Habits und des Namens Benedikt sei einfach eine praktische Sache gewesen. Zum Zeitpunkt des Rücktritts hätten keine anderen Kleidungsstücke zur Verfügung gestanden."

Besagter Vaticanist hat diesen Scoop in alle vier Himmelsrichtungen verbreitet, der sich aber von einer ernsthaften Erwägung in einen eleganten Scherz (gibt es im Vatican keine schwarzen Soutanen?) verwandelte, mit dem Benedikt einer Frage auswich, über die er zu dieser Zeit nicht sprechen konnte. Und tatsächlich spricht er heute nach drei Jahren darüber, und erklärt die Gründe für diese Entscheidung, die offensichtlich nichts mit Schneiderproblemen zu tun hatte.

IMMER VATER, IMMER PAPST
Im gerade erschienenen Buch geht Papa Ratzinger von der Überlegung über die Bischöfe aus. Wenn es darum geht, über ihren Rücktritt mit 75 Jahren zu entscheiden, gibt es die Institution des "Bischof emeritus" weil- wie sie sagen- "ich bin Vater und das bleibe ich für immer".
Und Benedikt XVI stellt fest, daß auch wenn "ein Vater aufhört, die Vaterschaft auszuüben - weil die Kinder groß sind - " er nicht aufhört es zu sein, er läßt nur die konkrete Verantwortung los. Er bleibt auch weiterhin Vater - in einem tieferen, intimeren Sinn."
In Analogie argumentiert Papa Ratzinger so auch über den Papst: "wenn er zurücktritt, behält er die Verantwortung , die er in einem inneren Sinn übernommen hat, aber nicht die Funktion."
Diese poetische Erklärung ist aber auf theologischer Ebene explosiv, weil sie bedeutet, daß er Papst ist. 
Um das theologische Bild zu verstehen, das hinter dieser revolutionären Seite von Ratzinger steht, muß man noch einmal den durchschlagenden Text der Pressekonferenz  lesen, die Msgr. Georg Gänswein vergangenen 21. Mai in der Päpstlichen Gregoriana-Universität gegeben hat.

DURCHSCHLAGEND
In dieser - von den Medien zensierten - Rede, die aber in der Kurie wie eine Atombombe einschlug, sagte Don Georg, daß "seit dem 11. Februar 2013 das Papstamt nicht mehr das ist, was es vorher war." Es bleibt das Fundament der Katholischen Kirche; es ist jedoch ein Fundament, das Benedikt XVI in seinem Ausnahmepontifikat tief und dauerhaft verwandelt hat."
Sein Schritt sei angesichts der Bedeutung in der tausendjährigen Geschichte wohl erwogen gewesen, ein Schritt, den es bis heute nie gegeben hat."
Deshalb hat Benedikt XVI "das Petrusamt nicht aufgegeben" sondern "es im Gegenteil erneuert."
In der Tat hat er in das persönliche Amt eine kollegiale und synodale Dimension eingeführt, quasi ein gemeinsames Amt, und versteht seine Aufgabe als Teilnahme an einem solchen "petrinischen Amt"...es gibt also nicht zwei Päpste, sondern de facto ein erweitertes Amt - mit einem aktiven Mitglied und einem kontemplativen Mitglied.

Nach dieser Rede vom 21. Mai hat Bergoglio, der diese Dinge über Benedikt XVI gehört haben muß (aber ohne sie richtig zu verstehen) das "Papsttum emeritus" auf die gleiche Weise erklärt: er sagte, daß das was Benedikt tat, ein Akt des Regierens war, daß er nur auf die aktive Ausübung verzichtet habe und es so hielt wie die emeritierten Bischöfe.
Aber nach der Gänswein-Rede vom Mai hat man am Bergoglio-Hof die Tragweite des Problems verstanden und Alarm geschlagen. Also hat Bergoglio nach seiner Rückkehr aus Armenien im Juli die These von einem "geteilten" Papstamt zurückgewiesen.

TORPEDO GEGEN BENEDETTO
Dann, Mitten im August - ist bei Vatican Insider (Kurien-Thermometer) ein Interview von Tornielli mit einem wichtigen Kirchenrechtler der Kurie veröffentlicht worden, in dem die Figur eines "Papa emeritus" völlig deligitimiert wurde, weil "die Einzigartigkeit der petrinischen Nachfolge in ihrer Ganzheit keine weitere Unterteilung oder Verdoppelung der Ämter zuläßt oder eines Amtes ehrenhalber oder dem Namen nach.
Außerdem " gibt es keinerlei Unterteilung zwischen dem munus und seiner Ausübung." 

Aber Benedikt XVI - in der Fülle seiner Macht- hat genau das entschieden, Papst zu bleiben und nur auf die aktive Ausübung des Amtes zu verzichten. Und wenn diese seine Entscheidung unzulässig ist, bedeutet das nicht, daß auch sein Amtsverzicht nichtig ist?

Quelle: Antonio Socci in “Libero”, 10. September 2016

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