Freitag, 18. August 2017

Martin Mosebach bespricht Roberto de Matteis Buch "Verteidigung der Tradition"

Roberto de Mattei läßt Martin Mosebach in Corrispondenza Romana sein neues Buch "Verteidigung der Tradition" zu besprechen und gib ihm Gelegenheit, die Frage zu stellen, ob ein Katholik den Papst kritisieren darf, die er seinem Artikel als Titel voranstellt,
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"MARTIN MOSEBACH: IST ES EINEM KATHOLIKEN ERLAUBT,  DEN PAPST ZU KRITISIEREN?"
Roberto De Mattei leitet diesen Beitrag mit folgenden Sätzen ein:
"Wir berichten über das Vorwort, das der Schriftsteller Martin Mosebach für die deutsche Ausgabe des Buches von Roberto de Mattei "Apologia della Tradizione" ( St. Grigio-Verlag von Altötting) geschrieben hat, das im Februar 2017 unter dem Titel "Verteidigung der Tradition. Die unüberwindbare Wahrheit Christi" geschrieben hat. Das Werk wurde bereits ins Französische und Portugiesische übersetzt, eine englisch und spanische Übersetzung folgen."

"IST ES EINEM KATHOLIKEN ERLAUBT, DEN PAPST ZU KRITISIEREN?"
Als die Jesuiten im 17. Jahrhundert gezwungen wurden, Japan zu verlassen, gaben sie ihrer Gemeinde, von der sie nicht wußten, ob die je einen katholischen Priester wiedersehen würden, den sehr konkreten Rat, jeden der sich ihnen als Katholik vorstellte, über seine Beziehung zur Jungfrau Maria und zum Papst zu befragen. Das war ein Kriterium, das sehr leicht anzuwenden war.

In 2000 Jahren ist das Gebäude der katholischen Theologie gewachsen, bis es ein unermeßlich großer Palast geworden war, der in seinen Mauern nicht nur Säle verbarg, die harmonisch aufeinander folgten, sondern auch dunkle Labyrinthe, nicht nur Terassen mit wunderbaren Aussichten sondern auch versteckte Zimmer, manchmal unterirdisch.

Die katholische Religion ist ohne Zweifel die komplizierteste auf der Welt, verkannt vor allem von ihren eigenen Gläubigen. Aber die Jesuiten, gezwungen ihre Gläubigen, die sie bekehrt hatten, allein zu lassen, hatten keine schlechte Formel gewählt, Maria und den Papst als die Charakteristika zu zeigen, die sie von anderen christlichen Denominationen unterscheidet.
Die Jungfrau steht für den Glauben an die übernatürliche Geburt des Gottesssohnes, für den Sieg über die Ursünde und die Berufung jedes menschlichen Wesens zur Heiligkeit und Auferstehung des Fleisches.

Der Papst ist Ausdruck der hierarchischen Konstitution der Kirche, für ihren liturgischen Charakter und für die Anwesenheit des Hl.Geistes in ihr. Es ist der Papst, der der Katholischen Kirche eine Dauerhaftigkeit verliehen hat. die in der Geschichte der Menschheit kein Beispiel hat.
Epochalen Verwicklungen, Kulturbrüchen, Mentalitätswechsel, politischen Katastrophen, Verlust der Ursprungsländer und die zahlreichen Sälkularisierungen ist es nicht gelungen, dem Fortbestehen der Kirche ein Ende zu setzen.

2000 Jahre konnte sie nicht überwunden werden, auch wenn sie sich gegen Angriffe aus jeder möglichen Richtung verteidigen und auch allzu oft einem tiefen und radikalen Hass entgegentreten mußte. Sie hat bewiesen, daß sie eine Kraft besitzt, die jeder anderen menschlichen Institution verwehrt ist.
Wenn man versucht, die übernatürlichen Quellen für diese ihre Energie zu beweisen, eine Sache, die sehr schwierig ist, kann man sehr gut sehen, daß dieser königliche und priesterliche Dienst des servus servorum, Erbe des jüdischen Fischers und der römischen Kaiser, die einzige Institution der Welt ist, der es gelingt, für eine lange Zeitperiode zu widerstehen, das ist wirklich unglaublich.

Einige Päpste wurden hingerichtet, andere geschlagen, wieder andere verschleppt und aller Besitztümer beraubt oder beleidigt- als Hure von Babylon beschimpft und für ihre Hilflosigkeit verspottet; aber keinem der Feinde des Papsttums  ist es gelungen, es soweit ernsthaft zu bedrohen, daß sein Überdauern und seine Kontinuität ernsthaft in Frage gestelt wurden.

Ein besonderer Widerspruch dominiert das Amt des Papstes: nachdem die Kirche eigene Formen der Institution des römischen Kaisertums geschaffen hatte, hat es innerhalb des Christentums keine säkulare Monarchie gegeben, das die Päpste in ihrem herrscherlichen Glanz übertroffemn hätte und- zur selben Zeit. gab es keine Institution, die so weit von dem, was der Kommunismus Personenkult nennt, entfernt geblieben ist.

Petrus war ein Mensch, der zu Angst und zu Begeisterung neigte, der sich in der entscheidenen Stunde as unzuverlässig erwies. Und dennoch ist es genau dieser Mensch, den Jesus Christus rief, sein Stellvertreter  zu sein und das ist die Figur, die dann konstant im Gedächtnis und im Bewußtsein der Kirche blieb, auch während der Pontifikate mit maximaler irdischer Macht.





Die Kirche hat immer gewußt, daß der Papst nur der Repäsentant Jesu ist und daß er als Gesetzgeber an die Offenbarung gebunden ist, die auf ihre Weise, nicht auf die Evangelien beschränkt ist, sondern sich in der Lehre der Kirchenväter weiter entwickelt hat.
Das Dogma der päpstlichen Unfehlbarkeit, das in den Augen der Feinde der Kirche einen unerträglichen Vorwand der Macht bildete, bedeutet nichts anderes, als die Unterwerfung des Papstes unter die Tradition, wie noch Benedikt XVI wiederholt hat.

Roberto de Mattei stammt aus einer sizilianischen Familie, hat aber was Romanitas angeht, nicht seinesgleichen. Dieser katholische Historiker ist nie in Versuchung geraten, die Krisen, die die Kirche während ihrer Pilgerschaft durch die Geschichte erlebt hat, zu beschönigen, noch hat er sich von den Stereotypen der von den Feinden der Kirche gewebten Schwarzen Legenden einschüchtern lassen, wie z.B. von denen um die Päpste der Renaissance-Zeit.

In der Bedeutung der verweltlichten Päpste dieser Periode mit ihren beeindrukenden kulturellen Werken für den Katholiken, ist das, was zählt, daß keiner von ihnen auf irgendeine Weise das depositum fidei angetastet hat.
Wie skrupellos diese Päpste vielleicht ihre fürstliche Politik betrieben und ihre Familien bereichert haben. die Tradition des Glaubens war bei ihnen in sicheren Händen. Das ist dagegen bei Papst Honorius nicht so gewesen, dessen Lebenswandel tadellos war, der aber der Arianischen Häresie nicht entgegen treten konnte.  Aber auch in diesem Fall kann man ein Zeichen der Anwesenheit des Hl. Geistes finden in der Tatsache, daß er mehr oder weniger vermieden hat, eine lehramtliche Erklärung zu verkünden, die sich ausdrücklich dem Gedankengut der Arianer anpaßte.

Roberto de Mattei hat die Geschichte der Päpste einer ernsten Prüfung unterzogen,  nachdem er als Voraussetzung seine volle Treue zum Papst vorausgeschickt hatte. Er will nichts anderes, als daß der Papst Papst ist.
Wenn er einen Papst kritisiert, tut er das, weil er ihn dem Papsttum gegenüber stellt. Auf diese Weise befindet er sich konsequent in der großen katholischen Tradition. Ein klares Beispiel für das, an das man sich erinnert ist die Unterscheidung, die Dante in seiner Höllenvision zwischen dem Amt und der Person des Papstes macht.

Dort zeigt uns der Dichter Papst Bonifaz VIII, der kopfüber im Höllenschlund der Simonisten steckt- auch wenn die heutige Geschichtsschreibung ein gemäßigteres Urteil über diesen unglücklichen Pontifex fällt, während wir an einem anderen Ort des Hölle Guglielmo di Nogaret finden, Legat des Königs von Frankreich, der genau diesen Papst ins Gesicht geschlagen hatte, weil- wie Dante uns erinnert- der in der Person des Papstes Christus selbst geohrfeigt hatte.
Auch die Hl. Catarina von Siena, die den Papst als "den süßen Christus auf Erden" definierte- keiner der Bewunderer von Papst Franziskus würde heut eine ähnliche Formulierung wagen- war eine bis zur Belästigung unbeugsame Geißlerin der Papstes, wenn es sich um das Exil von Avignon handelte.

Das kann einigen treu gebliebenen Katholiken wie eine Enormität vorkommen. Nach dem I. Vaticanischen Konzil entstand eine papalistische Theologie, die weit über die Definition des päsptlichen Dienstes in der katholischen Tradition hinausging.
Das Bewußtsein für die enge Zugehörigkeit des Papstes zur Tradition verblasste, während angebliche politische Auswüchse bei den mittelalterlichen Päpsten im 19. und 20. Jahrhundert ihr Äquivalent in einer Übertreibung ihrer geistigen Kraft gefunden haben, so daß es Leichtgläubigeren erscheinen konnte, als erstrecke sich die Unfehlbarkeit des Papstes auf alle möglichen Bereiche des Lebens, bis hin zur Autorität die Tradition zu unterdrücken.

Als das bei besonders sensiblen Punkten passierte, wir denken da an die litrugische Reform von Papst Paul VI, tauchten die ersten Zweifel an dieser Theologie auf, speziell bei den dem Papst besonders treuen Katholiken: es war klar, daß die Umwandung des Papstes in ein Idol eine Gefahr für die Kirche darstellte. Es war wieder Benedikt XVI der an die Tatsache erinnerte, daß der Papst nicht  der Herr der Liturgie ist, sondern gehalten, sie zu behüten und aus dem überkommenen Schatz zu nähren.

Die Ausübung der eigenen Amtes durch den heute regierenden Papst schafft neue Probleme. Einerseits wendet er sich stark der nichtkatholischen Welt zu, etwas das auch in der Apostolischen Aufgabe der Kirche begründet sein könnte, wenn Franziskus nicht damit beschftigt zu sein schiene, der Agenda der Massenkommunikationsmedien zu folgen als das katholische proprium zu übermitteln, während er sich auf der anderen Seite entschieden von der päpstlichen Tradition losgelöst hat, das Amt als Ratgeber in geistigen und moralischen Fragen  auszuüben, sondern heute ist der Papst eher der, der kontroverse Fragen aufwirft und sich außerdem weigert, diesbezüglich Entscheidungen zu treffen.

Roberto de Mattei will den eigenen Lesern zeigen, wie man in einer solchen Situation ein dem Papst treuer Katholik bleiben kann, ohne blind und taub zu werden. Er zeigt, daß es falsch ist, sich das Schiff der Kirche auf einer ruhigen Reiseroute vorzustellen.

Der Triumph der Kirche findet im Himmel statt, auf der Erde kämpft sie und auch ihr wurde vorhergesagt, daß die "Pforten der Hölle sie nicht überwindern werden"  an anderer Stelle liest man auch, daß Christus bei seiner Rückkehr keine Gläubigen mehr vorfinden wird, wenn die letzten Tage nicht verkürzt werden.
Man kann sich wirklich nicht  mehr mit Argumenten beschwichtigen wie: "Die Kirche hat schon soviel durchgemacht, sie wird auch das 21. Jahrhundert überleben", weil das Christentum eine Religion der Unruhe ist, die in jeder einzelnen Person siegen oder zuende gehen kann.

Das britische Unterhaus kennt den Ausdruck "Ihrer Majestät treue Opposition". So könnte man Roberto de Mattei als "die treue Opposition Seiner Majstät" definieren. Seine unerbittliche Entschlossenheit kommt nicht aus einer Form des Pessimismus, sondern ist Konsequenz der Anerkennung einer realen Tatsache: die Kirche. was ihren irdischen Teil angeht, gehört offensichtlich zur verarmten Welt, so sie sie in ihrer Ganzheit heilig, rein und ewig ist.
(Martin Mosebach)

Quelle: Corrispondenza Romana. R.de Mattei, M. Mosebach
Link: https://www.corrispondenzaromana.it/martin-mosebach-e-lecito-a-un-cattolico-criticare-il-papa/



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